Popkultur und Kompositionspädagogik

Bildungspraktische Überlegungen zum Sampling und Scratching aus historischer Perspektive

Autor: Thomas Wilke

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Einleitung

Rap-Musik, als Teil von Hip-Hop als einer anfänglichen Subkultur, bewegt sich seit seiner Entstehung zwischen zwei Polen. Einerseits werden bekannte popmusikalische Songstrukturen tradiert und fortgeführt, andererseits werden diese durch innovative DJ- und Sample-Techniken aufgebrochen. Mit starkem Bezug auf Funk- und Soulmusik entstand Mitte der 1970er Jahre etwas Eigensinniges, indem Instrumentalpassagen und Breaks durch DJs auf Partys manuell geloopt wurden. Zwei gleiche Platten ermöglichten über das wechselseitige Zurückdrehen kleiner Passagen situativ eine fortdauernde Wiederholung des gleichen Songausschnittes, das sogenannte Backspinning, die Variation ergibt sich aus den zur Verfügung stehenden Platten und den Kenntnissen sowie Fertigkeiten des DJs. Über diesen Prozess begann sich die bestehende Handlungsrolle des DJs neu zu justieren, indem DJs eine Vermittlerrolle zwischen dem Angebot (der Musikindustrie) und der Nachfrage (dem Rezipienten) einnahmen. Darüber hinaus fungierten sie als Gatekeeper, indem sie durch ihre Auswahl eine nicht weiter begründbare Entscheidung trafen und so geschmacksverstärkend wirkten. Es entstand in der Folge ein neuer Produzententypus, da DJs durch ihren direkten Zugriff auf Musik Wirkungsmechanismen von Tanz- und Partymusik erkennen und für sich über eine Funktionalisierung nutzen können. Später begannen Ansager, die sogenannten Master of Ceremonies, kurz MCs, auf diese Instrumentalpassagen zu rappen, um das Publikum zu aktivieren. Folgerichtig waren auch die ersten Rap-Veröffentlichungen wie bspw. Superrappin von Grandmaster Flash & The Furious Five 1979 hochgradig selbstreferenziell, indem die eigene sprachliche Virtuosität im Anfeuern des Publikums und der Beat bzw. die Virtuosität des DJs wechselseitig gepriesen wurden. Die weitere Entwicklung des Mixens und Scratchings blieb jedoch lange Zeit durch das manuelle Plattenwechseln begrenzt. Plattenspieler und Schallplatten standen jedoch von den Anfängen des Hip-Hops an im Mittelpunkt des musikalischen Handelns und so lässt sich konstatieren, dass Hip-Hop-Musik von Beginn an DJ-Musik ist.1 Der Zusammenhang von Komposition und einer anfänglich noch in der Subkultur zu verortenden Popkultur schien augenfällig, blieb allerdings unterhalb einer breiteren Wahrnehmung.

Im Folgenden soll aus einer medienkulturwissenschaftlichen Perspektive2 exemplarisch aufgezeigt werden, in welcher Form Scratchen und Samplen als Medientechniken und im kulturellen Kontext von Hip-Hop-Musik für einen kompositionspädagogischen Zusammenhang nutzbar gemacht werden können. Das Exemplarische richtet sich dabei auf das Charakteristische mit Blick auf Traditionen, Innovationen und Aspekte von Komposition. Scratchen und Samplen wirken dabei zugleich als Faktoren einer expansiven Formgebung auf die Musik, die zwischen der abgeschlossenen Erscheinungsweise eines fertigen Songs und dem gleichzeitigen Aufbrechen durch die Bearbeitungsmodalitäten der Fragmente stehen (vgl. Wilke, 2017). Mixen und Scratchen treten dabei als verbindende Elemente auf, Scratchen wirkt zudem als integratives Songelement. Mit einem kurzen Blick auf die Anfänge der Hip-Hop-Musik wird dies deutlich. 

Musikalische Anfänge im Hip-Hop und ihre Struktur

Im Allgemeinen wird 1979, mit dem Erfolg von Rappers Delight der Sugarhill Gang, als eine Zäsur in der musikalischen Entwicklung der Rap-Musik betrachtet.

 

 

  

Der kommerzielle Erfolg und die Platzierung in internationalen Hitparaden (25 Wochen in den deutschen Hitparaden, Höchstplatzierung Platz 3) brachte diesem sich seit circa 1973 lokal in der New Yorker Bronx abgegrenzt entwickelnden Phänomen Hip-Hop entsprechende mediale Aufmerksamkeit. Der Titel selbst besticht in seiner geradlinigen musikalischen Struktur durch seine Orientierung am Disko-Sound mittels einer Basslinie von Chic Good Times 4 und einem Sample aus Here Comes That Sound Again der britischen Studio-Disco-Band Love De-Luxe von 1978.

 

 

Die musikalische Ausrichtung setzt hier im Mid-Tempo-Bereich eher auf Bekanntes, denn beide Titel waren in den Charts vertreten. Das Neuartige besteht in dem fröhlich-unkomplizierten, partyorientierten Sprechgesang. Dieser besteht aus phraseologischen Wiederholungen und wird durch seine hohe Wiedererkennbarkeit („I say the Hip Hop, the Hip Hop ...“) in der Folgezeit als Zitat und Referenz nahezu ikonisch in der Verwendungsweise.5 Dabei ist der zwischen den drei Rappern stets hin- und herwechselnde Sprechgesang ohne Unterbrechung angelegt, der einzige Break über vier Takte kommt nach knapp sieben Minuten, die Single umfasst in ihrer vollen Länge 14:32 Minuten, in der gekürzten „Radio-Fassung“ wird nach 3:30 Minuten einfach ausgeblendet. 

Im gleichen Jahr machte ein weiterer Rapper von sich reden: Kurtis Blow. Ehe er das Rappen für sich entdeckte, war er DJ und veröffentlichte 1979 zwei Singles, Rappin Blow (Mercury MDS-4009) und Christmas Rappin (Mercury MDS-4009, 9198.613).

 

 

 

Beide Titel sind jeweils 8:11 Minuten lang und entsprechen ebenso wenig etablierten Formatvorgaben. Sie sind sich in musikalischer Struktur, Anmutung, Sound und Geschwindigkeit ähnlich. Die Bassgitarre nimmt interessanterweise ein nur wenig später prominentes Riff vorweg: Another One Bites the dust von Queen, am 22.08.1980 veröffentlicht. Mit Christmas Rappin trat Kurtis Blow im Januar 1980 in der Fernsehsendung Top of the Pops auf und trat ganz in der Tradition der Schlagersänger in Playbackmanier allein auf die Bühne, auch wenn die Instrumentierung eindeutig ausgemacht werden konnte (Drums, Bass und Funkgitarre). 

 

 

1981 kam es zu einer im Nachhinein und für den hier vorgestellten Zusammenhang bemerkenswerten Plattenproduktion: The Adventures of Grandmaster Flash on the Wheels of Steel. In 5:49 Minuten verarbeitete er an drei Plattenspielern insgesamt zehn verschiedene Titel, von denen zwei Eigenproduktionen waren.6 Grandmaster Flash, seines Zeichens Hip-Hop-Pionier und Erfinder des Crossfaders, setzte so einen Standard im (Live-)Plattenmixen. In der Wahrnehmung erscheint es dem Unkundigen als ein durchgehender Titel, bei dem einzelne Passagen durchaus erkennbar, aber nicht zwangsläufig zuordenbar sind. Die Montage der einzelnen Titel zu einem neuen Track zeigt, dass in einer noch linearen Anordnung einzelne Parts vorgängig existierender Musik zuerst nach Merkmalen ihrer Funktionalität extrahiert und dann rhythmusorientiert wieder montiert wurden. Diese Parts bilden die tanzbare Essenz der ausgewählten Titel. Die musikalischen Grundstrukturen der einzelnen Titel wurden aus ihrem Zusammenhang gerissen und neu kontextualisiert. In diesem destruktiven Akt liegt das kreative und kompositorische Moment. Flash nutzte Schallplatten, um etwas Neues zu kreieren, was wiederum auf Schallplatte erscheint. Für Kodwo Eshun und seine afrofuturistische Auseinandersetzung mit Musik (1999: 16-17) ist Grandmaster Flash ein Magier, der der Entzauberung der Welt mythologisch entgegenwirkt: „Indem er die Decks mythenschöpferisch zu ‚Wheels of Steel‘ erklärt, läutet Flash die Maschinenmythologie des Turntables ein. Diese neue konzeptionelle Technologie oder Konzepttechnik setzt voraus, dass die Decks für den DJ ein Bewußtseinszustand geworden sind. Nach Flash wird der Turntable eine Maschine zur Erschaffung und Legierung von Geisteszuständen aus den Beständen deiner Plattensammlung. Die Turntables auf dem Technics-Deck werden zur Subjektivitätsmaschine, die Stereophonie erzeugt ein Hifibewußtsein des Kopfes, vollkommen getunt vom vorgefundenen Lärm der Vinyldegeneration, die Scratches, Knistern, Fuzz, Zischen und Statik als Leadinstrumente wahrnimmt. [...] Scratchen bedeutet die Turntables in Tongeneratoren zu verwandeln, einen Gewohnheitszerstörer, [...] Stimmen werden zu plappernden, schnatternden Texturen, Blasen gepitchten Klangs, die entlang dem Spektrum der Technics-Geschwindigkeit verschoben, in Phasenpakete zerlegt und vom Transformatorschalter einem Schwenk unterzogen werden. [...] Scratching destratifiziert Stimmen und Texturen, die an der Grenze zwischen Festkörper und Flüssigkeit Position beziehen. Sie verwandelt Beats in sonische Materie.“

 

 

 

Mit seinen sich selbst über die Jahre erarbeiteten Skills präsentierte sich Grandmaster Flash 1983 im amerikanischen Fernsehen. In „How to do a Break Mix“ erklärte und demonstrierte er das Mixen, Backspinnen und Scratchen.7 Ebenso das Beatmatching, bei dem er zwei Titel (Michael Jackson Wanna be startin something und Billie Jean von der LP Thriller) akustisch „übereinanderlegte“. Die instrumentalen Anfänge wurden wiederholt und scratchend variiert. Damit popularisierte er im Fernsehen eine Club- und Partypraxis, die aus dem Tun heraus entsteht, er gab dem Zuschauer eine Orientierung, indem er eine spezifische Wissensordnung sichtbar macht, und etablierte letztlich eine Gratifikationsstruktur, indem der DJ über ein technisches Können verfügt, das in einen Prozess stetigen Lernens, Übens und Ausprobierens mündet. 

Für Kodwo Eshun sind DJs wie „Grand Wizard Theodore, DJ Kool Herc und Grandmaster Flash [...] menschliche Sampler, die den Breakbeat isolieren, indem sie mitten in die Funkmaschine schneiden, den Song rausreißen und wegschmeißen und Intention ebenso wie Tradition ignorieren, um die Bewegung der Maschine einzufangen: die Ladung und die Zugkraft des Beats und des Basses, die Gangart, die vom Direct drive des Decks motorisiert wird. Sobald das Cutting die historische Bühne betritt, wandert der Rhythmus von den Drums zum Plattenspieler, von der Gruppe zum DJ, vom Studio ins Schlafzimmer. Stück für Stück wird der Drummer auf die Maschinen transferiert. Der Fluß des Breakflows schwappt über den Planeten. Phase 1: die Decks. Phase 2: der Rhythm Synthesizer. Phase 3 wird der Sampler sein.“ (Eshun, 1999: 19). Eshun sieht bei der sich verändernden Musikproduktion im Kontext von Funk, Soul und Hip-Hop zwei wesentliche Aspekte: die innovative Technikentwicklung und den DJ als DJ und Produzent.

Ein solcher Produzent und DJ ist Afrika Bambaataa, den KRS One als „Godfather of Hip-Hop“ bezeichnete. Afrika Bambaataa organisierte ab Mitte der 70er Jahre sogenannte Block Partys 8 mit einem eigenen Soundsystem und gründete die Zulu Nation. 1982 veröffentlichte er zusammen mit der Soulsonic Force Planet Rock, eine für den Hip-Hop, den sich entwickelnden Techno und dem Miami Bass prägende Veröffentlichung, und zwar aus mindestens zwei Gründen: erstens durch die Verwendung von Kraftwerks Melodie aus Trans Europa Express und zweitens – hier kommt die Technik ins Spiel – wegen des Beats und des Sounds. Denn der Titel war mit dem analogen Roland TR 808 Drum Maschine produziert worden.9 Bambaataa wusste als DJ, was funktionierte.

 

 

Scratches als integrative Songelemente 

Ein Rapper und DJ wurde bereits genannt: Kurtis Blow. 1983 wechselte er bezeichnenderweise die Seite und produzierte das erste Album von Run DMC. Das Besondere hierbei ist, dass der DJ, Jam Master Jay, in die Rhythmusstruktur des Songs Scratches einbaute. In dem Extratitel Jam Master Jay wurden er und sein Tun hervorgehoben und von seinen beiden anderen Bandkollegen entsprechend gewürdigt.10

"Run DMC-Jam..." The YouTube account associated with this video has been terminated due to multiple third-party notifications of copyright infringement. (https://www.youtube.com/watch?v=TP8zFBryUqU)

Drei Jahre und drei Alben später veröffentlichten sie die Single Peter Piper, die mehrere Faktoren einer expansiven Formgebung und Kompositionselemente enthält. Jam Master Jay scratchte auch hier Bassdrums in die bestehende Rhythmusstruktur, und zwar mit einem Sample aus Take me to the Mardi Gras von Bob James (1975, Columbia).

 

 

 

Dieses Sample begann sich von da an zu verselbständigen, indem es in über 380 weiteren Produktionen bis zum jetzigen Zeitpunkt vorwiegend im Hip-Hop gesampelt wurde.11 Darüber hinaus wurde es zum Gegenstand von sogenannten Scratch-Routinen, wie später noch erläutert wird. Mittels eines längeren Samples werden unterschiedliche Scratches immer wieder in Variationen beispielhaft gezeigt und wiederholt. Zu den bestehenden DJ-Techniken kam Anfang, Mitte der 90er Jahre das Beat-Juggling hinzu, bei dem einzelne Sounds, Geräusche, Drums, Snares, Hihats, Wordcuts so bearbeitet werden, dass der 4/4-Takt als Basis eine Rhythmusstruktur vorgibt. Diese entspringt einzig und allein aus dem Arbeiten des DJs mit der Schallplatte, dem Plattenspieler und dem Mixer. Dafür wurden in der Folge auch spezielle Schallplatten veröffentlicht, die zum Teil in Eigenregie von DJs, wie bspw. DJ Babu von den Invisible Scratch Pickelz, entstanden.12 Durch den Eigensinn des Scratches und seiner Diskursivität konstituiert dieser eine spezifische Songcharakteristik und steht damit gleichzeitig in der Funktion des Songs.

Die DJ-Aktivitäten nahmen innerhalb der Popmusikproduktion insbesondere im Hip-Hop und der entstehenden elektronischen Tanzmusik ab Mitte der 80er Jahr zu. Scratchen als musikalische Praxis reüssierte genreübergreifend mit Kool DJ Hercs Auftritt auf Herbie Hancocks Rock it 1983 (CBS A 3577), davor bereits prominent in der Popmusik mit Rapture von Blondie 1980 (Chrysalis K-8205).13

 

 

 

DJ Jazzy Jeff ist seit Mitte der 1980er Jahre als DJ und Produzent des erfolgreichen Duos DJ Jazzy Jeff and the Fresh Prince aktiv. Schon in frühen Plattenveröffentlichungen Ende der 1980er integrierte er elaborierte und selbst entwickelte Scratches, die teilweise auf die Rhythmusstruktur, teilweise auf die Instrumentierung zielten. Zwei Scratches gehen auf ihn zurück: der Transform-Scratch und der Chirp-Scratch. Live-DJ-Auftritte von ihm zeichnen sich durch seine vielschichtige und vielfältige Performanz aus. Eine Scratch-Routine, die gern und häufig nachgeahmt wird, bezieht sich auf das Peter-Piper-Sample von Run DMC.14

 

 

 

Jazzy Jeff löst das erkennbare Sample in Einzelbestandteile, in Sounds auf, die Fragmente werden kleiner und nicht nur in stetig steigender Frequenz manuell geloopt, sondern losgelöst zu vorwärtstreibenden Rhythmuspattern, deren Kompositionsmoment im Moment der Aufführung hör- und begreifbar wird, sich jedoch nicht festhalten lässt. So braucht es einen auf die rhythmische Grundstruktur basierenden Groove, der den Hörer sinnlich packt. Ein rationaler Nachvollzug würde die sinnliche Wahrnehmung (zer-)stören. Das bereits von Jam Master Jay bearbeitete Bob-James-Sample wird erneut aus der Songstruktur herausgelöst und erhält dadurch zumindest temporär einen eigenständigen Charakter. Der Wechsel von rechts nach links ermöglicht einen kontinuierlichen Fluss, der linear angelegt ist. Die Virtuosität und Komplexität ergibt sich aus den rhythmischen Ideen, aus der Variationsmöglichkeit, aus der Routine, aus den technischen Skills von Jazzy Jeff. Die Grundorientierung bleibt der 4/4-Takt.

Neben diesem mittlerweile sehr bekannten Beispiel bietet es sich an, noch zwei andere kurz heranzuziehen, um das Möglichkeitsspektrum aufzuzeigen. Die mittlerweile nicht mehr bestehende Münchner Hip-Hop-Formation Blumentopf veröffentlichte 1999 auf ihrem zweiten Album Großes Kino unter anderem einen klassischen Storytelling-Titel Block und Bleistift. In diesem, dem ein Marvin-Gaye-Sample aus dem Soundtrack Trouble Man von 1973 zugrunde liegt, besteht der Refrain aus einem wahrgenommenen Scratch, der allerdings rhythmisiert mit Stereo-Effekten das Kratzen des Stiftes auf Papier darstellt. Die Arbeit mit Geräuschen ist wiederkehrend vorzufinden, so bilden bspw. in dem Titel Die Bretter, die die Welt bedeuten auf dem fünften Album Musikmaschine Skateboard-Geräusche den Großteil des Beats.

 

 

 

Der Hamburger Solorapper Dendemann veröffentlichte 2010 sein drittes Album Vom Vintage verweht, auf dem sich der Titel Papierkrieg befindet. Dessen Refrain nutzte wiederum die Gesangsspur eines anderen Refrains: Tocotronics Explosion vom 2007er Album Kapitulation. Das Hervorhebenswerte ist nicht einfach nur die Verwendung oder Einbindung des Refrains als Sample, sondern vielmehr die Zerstückelung des Gesangs und das Wieder-neu-Zusammensetzen. Dieses Zusammensetzen erfolgte durch Scratches und war nicht linear angelegt, sondern es kam zu Zersetzungen der Silbe und Überlagerungen, während des Hörens des Samples wurde der Folgeteil bereits gescratcht. 

 

 

Von Flow zu Flow: der musikalische Fluss und die Komplexitätssteigerung

Eine Komplexitätssteigerung entsteht durch den Einsatz anwendungsorientierter Software wie Ableton, Cubase oder Pro-Tools, die über die lineare Sampleanordnung und -bearbeitung wie bei Serato Scratch hinausgeht. Im Mehrspurverfahren lassen sich Sounds konstruieren, die nicht linear angelegt sind und aufgrund ihrer Kürze eine akustische Dichte in der Reproduktion hervorrufen. Eine Kontextualisierung ohne das entsprechende Wissen um den Originalzusammenhang wird erschwert. Beim Hören werden der eklektizistische Charakter des Mixes und die Montage keineswegs kaschiert, sondern überaus wahrnehmbar und virtuos herausgestellt.15 Allerdings bemisst sich die reflektierende Dekonstruktion am jeweiligen Wissensstand und der Merkfähigkeit des Hörers. Damit wird die Geschlossenheit eines Titels prinzipiell aufgehoben und über den Scratch als verbindendes Element innerhalb des Gesamtgefüges im Mix neu konstituiert. Die eingesetzten Versatzstücke unterliegen in ihrer Verwendung einem performativen Handeln im Sinne eines wirklichkeitskonstituierenden Handelns. Eine solche Arbeitsweise erinnert in ihrer Montage stark an Mashups und die musikalischen Vorarbeiten von John Cage, beispielsweise an den Williams Mix von 1954.16

Wie schon bei Jazzy Jeff dargelegt und im Video sichtbar, verändert sich im Vergleich zu Grandmaster Flashs Demonstration das technische Setting. Es sind nicht mehr nur zwei Plattenspieler und ein Mixer, im Zuge der Digitalisierung kommen leistungsstarke Rechner zum Einsatz, die über einen Analog-Digital-Wandler eine Bearbeitung der Samples in Echtzeit ermöglichen. Das Sample ist nicht mehr in die Rille eingeschrieben, sondern befindet sich im Arbeitsspeicher des Rechners bzw. des Samplers und wird in Echtzeit von einem Analog/Digital-Wandler bearbeitet.

  

 

 

Mit der Kontrol X1 und den weiteren technischen Entwicklungen kann live ein Beat über das sogenannte „One-Shot-Drum-Sample-Deck“ gespielt und in Echtzeit variiert werden, während gleichzeitig andere Samples über Cue-Points des weißen Maschine-Kontrollers benutzt werden können.17 Zudem kommen noch diverse Effekte wie Hall, Delay, Flanger, Echo hinzu. Die Koordination zwischen Plattenspielern, Mixer, Laptop sowie zwei Kontrollern ist eine kognitive und koordinative Herausforderung, ob dies auch die Motivation von Native Instruments war, den Kontrol X1 auch in den Mixer zu integrieren, bleibt Spekulation. Fakt ist, dass in der Weiterentwicklung der Softwareleistungsfähigkeit nun auch das Mischpult eine Erweiterung erfahren hat. Native Instruments sind hierbei nicht die ersten, was die Professionalisierung des Mischpults angeht, zu nennen ist hier bspw. der Pioneer 500 Mitte der 1990er Jahre.18

Zu zweit, zu dritt oder noch mehr: DJ-Teams

Ist der einzelne DJ im Kontext von Bands noch weitestgehend an die Begleitung von Musik gebunden, veränderte sich das Mitte der 1990er Jahre, als es internationale Zusammenschlüsse einzelner DJs gab, möglicherweise auch als Resultat der Wettbewerbe, bei denen man sich kennenlernte. Einige der Bekanntesten der Zeit waren die Scratch Pickelz, The X-Ecutioners oder The Scratch Perverts. Mit ihnen begann eine neue innovative Phase, in der es darum ging, Musik als DJs mit den Plattenspielern zu erfinden, das Turntablism. Die einzelnen Techniken in der Handhabung, die Skills, waren mittlerweile komplex genug, die Plattenspieler- und Mischpulttechnik weitestgehend ausgereift. So begannen DJ-Teams über das in dieser Zeit aufkommende und auf DJ Babu zurückzuführende Beatjuggling Musik zu kreieren, indem sie einzelne Sounds extrapolierten, bearbeiteten und zusammenfügten. Neben den Ideen brauchte es hier noch die notwendige Empathie und die Kooperation zwischen den einzelnen DJs, damit sich ein (hörbares) Gesamtgefüge ergab.

  

 

Das Debütalbum der X-Ecutioners von 1997 ist eine Mischung aus Battle-Routinen, innovativem Turntablism, ein wenig Rap, diversen Outtakes und war so noch nicht unbedingt für den Mainstream gedacht. Damit war die Platte als konzipiertes Album ein Novum, denn die Protagonisten waren in der Hauptsache DJs, Musik für das Album kam in der Hauptsache von bereits veröffentlichten Platten, ohne dass dies eine Sampleanhäufung bedeutete. Die Credits auf dem Cover beinhalten eine dezidierte Auflistung einzelner Instrumentierungen wie Drums, Bass, Horns, Gitarre oder Percussions wie bei einem klassisch eingespielten Album. Zudem gibt es Titelbezeichnungen wie The Turntablist Anthem oder Musical Intuition. Damit zeigt sich das Album als Hybrid, denn die einzelnen Songs sind das Ergebnis von technisch determinierten Handlungsroutinen, die eine musikalische Reproduktion zugrunde legten. Damit orientierte sich die musikalische Umsetzung des DJ-Teams als Band lediglich an einer klassischen Instrumentierung, denn einen Bass zu scratchen kann nicht gleichbedeutend sein mit „Bass spielen“, auch wenn in der sinnlichen Wahrnehmung des Ergebnisses ein ähnlicher Eindruck entsteht. Roc Raida, eines der Gründungsmitglieder, erklärte im Interview 2000, dass sie „alle Elemente des Turntablism auf das Album packen [wollten]. Und gleichzeitig mit dem kombinieren, was wir am liebsten mögen. [...] Genauso wie wir eine Solo-Routine in einer Battle bringen, nur dass wir es jetzt im Studio aufnehmen, den Sound ein wenig aufpeppen und es auf Vinyl pressen. Dasselbe mit Team-Routines. Wenn wir komplett zu viert sind [...], dann übernimmt einer die Drums, ein anderer die Percussions, und wir nehmen einfach die Essenz auf das Album [...], nur um den Leuten zu zeigen: Das hier ist live, das ist eine Turntable-Band, die das spielt.“ (zit. nach Niemczyk/Schmidt, 2000: 179)

Ein letztes Beispiel, dass dies nicht ausschließlich im Special-Interest-Bereich von Wettbewerben und Hip-Hop-Genre stattfindet, beweist das französische DJ-Team Birdy Nam Nam. Diese vier DJs gehen über die musikalischen Grenzen von Hip-Hop hinaus und füllen dabei große Säle. Erwähnenswert auch hier, dass dies im Zusammenspiel mit einer Band geschieht und das Zusammenspiel wechselseitig angelegt ist: Mal begleitet die Band die DJs, mal begleiten die DJs die Band.

  

Transfer in bildungspraktische und kompositionspädagogische Überlegungen

Nach diesem kursorischen Überblick sollen im Folgenden noch einmal mögliche interkulturelle Komponenten und Selbstaneignungsprozesse in den Blick genommen werden, die in bildungspraktische und mögliche kompositionspädagogische Überlegungen überführt werden.DJing ist strukturell ein einfacher Prozess: Zwei Titel werden von der Geschwindigkeit, die genre-intern gar nicht mal so sehr abweicht, angepasst und miteinander vermischt. Daran hat sich in den letzten 40 Jahren nur wenig geändert. Basis ist zumeist der 4/4-Takt. Auch an dieser basalen Grundtechnik hat sich nichts geändert. Der nächste Schritt beginnt mit dem Wissen um die Titel: Wann kann ich den folgenden Titel/Track/Song hineinmischen? Nach der Strophe, dem Refrain, in die Bridge, danach oder ans Ende? Wie beginnt der neue Titel? Wenn diese Stufe selbstverständlich geworden ist, dann beginnen die Variationen: Wie viele Takte vorher beginne ich, bevor ich den nächsten Titel/Track/Song starte? Dies knüpft an die Fähigkeiten des Scratchens an, das ebenfalls ganz basal erst einmal über das rhythmische Hin und Her ein Gefühl für die Platte, das Mischpult, das angstfreie Herangehen an die Technik erzeugt.

Es bleibt dabei ein Prozess der Selbstaneignung. Das bedeutet, nur das, was ich auch selbst übe, das kann ich dann auch. Erst mit der Zeit entsteht ein Feeling, ein Groove beim Scratchen, der über das mechanisch anmutende Anfangsgeräusch hinausgeht. Das birgt Frustration, ist aber Teil des Prozesses. Neben dem autodidaktischen Erwerb von DJ-Kompetenzen gibt es zudem mannigfaltige Video-Tutorials zu den unterschiedlichsten Scratchen und den Umgang mit der Technik.

  

 

Die Qualität der Tutorials auf Youtube ist unterschiedlich, kann aber grundlegend als Lernmaterial begriffen werden, insbesondere, wenn eine vergleichende Komponente ins Spiel kommt, wenn also verschiedene Tutorials miteinander verglichen werden. Denn der Bewertung vorgeschaltet ist die vergleichende und analytische Kompetenz, die in einem Workshop dann zu Alternativen führen kann. Ebenso als anschauliches Lernmaterial können die Wettbewerbsvideos, historisch von ITF oder DMC auf Youtube oder aktuell von der IDA (http://www.idaworld.org/), begriffen werden, die einen Überblick über den Stand der Technik vermitteln.

Red Bull hatte frühzeitig den Zusammenhang von Popkultur und eigenem Produkt in die Werbung und die PR integriert, sodass es Ende der 1990er Jahre auch eine Red-Bull-Music-Academy gab, die genreübergreifende DJ-Workshops anbot (vgl. Niemczyk/Schmidt, 2000). Mittlerweile lassen sich viele ausdifferenzierte Akademien auffinden, sei es die Spin DJ Academy in Zürich (https://www.spin.dj/) oder die DJ Akademie Berlin (http://dj-akademie-berlin.de/). Diese sind allerdings auf einen stark umkämpften Markt ausgerichtet.

Eine gänzlich andere Form von Lernmaterial entwickelten Turntablisten, wie Rob Swift Ende der 1990er Jahre, indem sie versuchten, ein Notationssystem für Scratching zu etablieren. Dabei wurde versucht, Tonhöhe, Dynamik und Verlauf nachvollziehbar und über die Transkription reproduzierbar zu machen. Das innovative Potenzial dieser zugegebenermaßen etwas sperrigen Methode besteht darin, ein Vokabular zu entwickeln, das über eine reine Benennung des Scratches hinausgeht.

 

 

 

Um einen Zugang zum verwendeten Material bei einer Praxiseinheit im Rahmen eines Workshops zu finden, gibt es mittlerweile gute Datenbankangebote wie http://www.whosampled.com, die eine umfassende Recherche ermöglichen. So lassen sich über die sinnlich erfahrbare Hörebene zusätzliche Verweise erarbeiten und als komplexes pop(ulär)kulturelles Referenzsystem darstellen. Nimmt man diese Praxis-splitter, dann lassen sie sich über einen ergänzenden theoretischen und analytischen Teil in einem größeren Rahmen sinnvoll ergänzen. Die Theorie kann hier Steigbügelhalter zum eigenen Tun sein, indem sie nach Eigenschaften und Charakteristika von Kompositionen fragt, nach dem Beibehalten oder Auflösen eines wie auch immer gearteten Werksbegriffs oder dem Verständnis von Autorschaft in den hier vorgestellten Kontexten. Ein analytischer Korpus würde nach den verwendeten Techniken und in welcher Tradition sie stünden sowie nach Dimensionen von Intertextualität, Audiovisualität und Referenzialität fragen. Audiovisualität wäre bspw. ein Aspekt, der hier nicht weiter erörtert wurde, gleichwohl fester Bestand von Medienangeboten und Clubkultur ist, wenn Videos live gemischt oder produziert werden. Beispielgebend für musikalische Mashups und ihre audiovisuelle Umsetzung ist die Samstagabendsendung Disco Deluxe des Müncher TV-Senders Deluxe Musik: https://www.deluxemusic.tv/tv.html.

Fazit

Scratching beinhaltet und produziert spezifische Wissensformen, die in Routinewissen übergehen und sich doch – durch weiteres Training – weiter modifizieren. Das berührt die Praxis des Scratchings in der Form der Weiterführung einer sich entwickelnden DJ-Tradition und den Scratch als Gegenstand.19 Damit kann das Scratching terminologisch als eine kulturelle Medienpraxis verstanden werden, die einen Effekt auf das historisch kontingente und sich im weiteren Verlauf verfestigende Zusammenspiel von Mensch, Technik und speziell von Medien darstellt. Diese Praxis wird diskursiv – und damit beobachtbar und gegenständlich – verstanden als Handlung, Geste und Technik, die einen Prozess der Normalisierung durchläuft. Eine solche Perspektive erlaubt, Scratching als kulturelle Medienpraxis neben anderen Praxen zu verorten.

Eine solche Erweiterung hat über die nahezu ausschließliche Orientierung am Rhythmus und am 4/4-Takt mindestens zwei Konsequenzen: Erstens setzt sie als Möglichkeitsbedingung eine expansive Potenzialität in der Bearbeitung von Songs, Sounds und Samples frei und formuliert dadurch zweitens ein Remix-Imperativ, der sich fast nahtlos an das von Andreas Reckwitz formulierte Kreativitätsdispositiv anschließt.20 Es geht nicht mehr zwingend darum, dass jemand etwas sagt, sondern im Vordergrund steht die kreative Verarbeitung des „Wie“ von etwas, das bereits gesagt bzw. produziert und damit verfügbar wurde. 

Das Handeln des DJs ist für den Moment der musikalischen (Re-)Produktion wirklichkeitskonstituierend und hebt so die Fixierung der Musik in ihrem zeitlichen Ablauf tendenziell auf: Cuts und Scratches. Mit anderen Worten: Seine Kompetenz zeigt sich in seiner Performanz, die letztlich auf eine Potenzialität verweist. Die Formensprache des Scratches/des Samples als eine Grammatik zu begreifen, heißt, selbiges als Einzelelement beschreibbar zu machen. Das sagt jedoch noch nichts aus über die potenzielle Kombinationsfähigkeit und kombinatorische Potenzialität.

Give the DJ a break!


1 Wohingegen man während der Mitte der 70er Jahre boomenden Diskowelle frühzeitig begann zu überlegen, wie längere Titel produziert werden können, so bspw. im sogenannten Munich-Sound von Giorgio Moroder, Frank Farian oder technisch durch die Entwicklung der Maxi-Single durch Tom Moulton (vgl. hierzu Papenburg, 2014). Zur umfassenden kulturhistorischen Verortung von Hip-Hop vgl. Rappe (2010).

2 Ein solcher Ansatz stellt den Zusammenhang von Medien und Kultur in den Vordergrund und fokussiert in der Analyse die Ästhetik, die Technik, den institutionellen Charakter und die gesellschaftliche Funktion einzelner Medien, deren Zusammenhang und die Beziehungen zwischen Einzelmedien, auch in ihrer historischen Dimension, und schließt das Verhältnis zwischen den Medien und Kommunikation mit ein (vgl. Hickethier, 2003: 455).

3 Vgl. Toop 1992.

4 Im Original war das Chic-Sample nicht deklariert worden, Nile Rodgers und Bernard Edwards beanspruchten das Copyright und wurden später in den Credits als Co-Writer benannt.

5 Run DMC verarbeiteten den „Rap-Klau“ in Sucker MC später selbst zu einem Text: „Two years ago, a friend of mine ...“ In diesem Sinne passte auch die Haltung einer kreativen Aneignung der Situationisten: „Alles kann benutzt werden. Selbstverständlich kann man nicht nur ein Werk verbessern oder verschiedene Fragmente veralteter Werke in ein neues integrieren, sondern auch den Sinn dieser Fragmente verändern und in jeder für gut gehaltenen Weise das fälschen, was Schwachköpfe hartnäckig Zitate nennen wollen.“ Debord & Wolman, 2005 [1956].

6 D. i.: Spoonie Gee – Monster Jam. 1980; Blondie – Rapture. 1980; Chic – Good Times. 1979; Michael Viner's Incredible Bongo Band – Apache. 1972; Queen – Another One Bites the Dust. 1980; Grandmaster Flash & the Furious Five – Freedom. 1980; Grandmaster Flash & The Furious Five – Birthday Party. 1981; The Hellers – Life Story. 1968; Sugarhill Gang – 8th Wonder. 1980; Hörspiel-LP The Official Adventures of Flash Gordon. o.O. Vgl. hierzu Wilke, 2013a, ebenso grundlegend Rappe, 2010.

7 Sendezeit und Sendeort waren bisher nicht zu eruieren, gleichzeitig findet es sich als Tutorial auf vielen Videoplattformen. Vgl. www.youtube.com/watch [Letzter Zugriff: 16.10.2016]. In Wildstyle (1983, Regie: Charlie Ahearn) ist Grandmaster Flash ebenfalls als DJ beim Auflegen zu sehen. Grandmaster Flash sprach im August 2016 im New Yorker Radio Hot97 über die Anfangszeiten von Hip-Hop, einem musikalischen Exkurs zu Originalquellen aus den 1970er Jahren und dem Wesen eines Hip-Hop-DJs. Online unter www.youtube.com/watch.

8 Zur Mythenbildung und Historie der Block Partys vgl. Toop (1992), ebenso ausführlich das Interview mit Grandwizard Theodore in: Niemczyk/Schmidt, 2000: 33-46.

9 Den 808 gab es seit 1981, Marvin Gayes Sexual Healing von 1982 war ebenfalls komplett dafür verwendet worden. Zur Technikgeschichte des Roland 303 und 808 vgl. Rappe, 2010, und Großmann, 2013.

10 „Kick off shoes, jump on the jock | Listen to the Jam Master as he starts to rock | His name is Jay and he's on his way | To be the best DJ in the US of A | J-a-y are the letters of his name | Cutting and scratching are the aspects of his game | So check out the Master as he cuts these jams | And look at us with the mics in our hands | Then take a count, 1 2 3 | Jam Master Jay, Run-D.M.C. [...]And we got the master of a disco scratch | There's not a break that he can't catch | Jam Master Jay that is his name | And all wild DJ's he will tame | Behind the turntables is where he stands | Then there is the movement of his hands | So when asked who's the best, y'all should say: | ‚Run-D.M.C. and Jam Master Jay‘ [...]“

11 Vgl. Datenbankabfrage www.whosampled.com [16.10.2016].

12 Vgl. Wilke, 2013a.

13 Blondie stellen mit dem gerappten Part und der Nennung von Fab Five Freddy sowie Grandmaster Flash eine sehr frühe Würdigung des neuen Musikstils Hip-Hop bzw. Rap dar: „Rap was a local phenomenon that had been going on for about four or five years in the Bronx and Brooklyn. We used to go up to these rap parties, DJ sessions and Chris (Stein) said, ‚Hey, I’ve got this song that would be great for a rap song. Let’s do it.‘“Bronson, 2003: 540. Die Referenz auf Blondie erfolgte dann 1997 durch KRS One und Step into our world (Raptures Delight).

14 Vgl. das Werbevideo für die Software Serato Scratch von Jazzy Jeff, Peter Piper Routine; Online unter: www.youtube.com/watch, Veröffentlicht am 31.03.2015.

15 An dieser Stelle lassen sich Adornos Auslassungen zur Montage (1970: 232-34) reformulieren: „Das Montageprinzip war, als Aktion gegen die erschlichene organische Einheit, auf den Schock angelegt. Nachdem dieser sich abgestumpft hat, wird die Montage abermals zum bloßen indifferenten Stoff; das Verfahren reicht nicht mehr hin, durch Zündung Kommunikation zwischen Ästhetischem und Außerästhetischem zu bewirken, das Interesse wird neutralisiert zu einem kulturhistorischen.“ Der Scratch und der Cut holten den Schockmoment der Montage anfänglich in die Musik, der dann jedoch durch seine Weiterentwicklung zur Musikalität und einer sich vollziehenden Perfektion eben genauso wieder verschwindet wie im Film.

16 Zu Mashups und den Zusammenhang zu John Cage vgl. Wilke, 2015.

17 Entsprechend bewirbt und umschreibt die Firma passend zum Video die Funktionsfähigkeit der Hard- und Software: „KONTROL X1 is used to play a live beat using one-shot drum samples in TRAKTOR's new Sample Decks, while Craze also triggers various other samples and cue points with his custom white MASCHINE controller. A beat juggling section in the middle leads to the finale where Craze combines fast cue-point juggles and vocal samples with the integrated TRAKTOR effects. All things combined, this latest Turntable Tricknology routine effectively highlights the vastly expanded creative potential of the new TRAKTOR generation.” Quelle: www.youtube.com/watch.

18 Aus der Werbebroschüre für den Mixer Pioneer 500: „Automatischer Beat-Counter für perfekte Kontrolle und einfache Synchronisation der Beats, Stufenlos einstellbares Delay, Interessante Effekte durch Echo-Funktion erzeugbar, Stufenlos einstellbarer Flanger-Effekt, Pitch-Shifter für Tonlagenveränderung von +/- einer Oktave, Verschiedene Halleffekte möglich, Send/Return-Buchsen zum Einschleifen von zusätzlichen Effektgeräten, LED-Beatcounter-Anzeige, 3-Band-Equalizer pro Kanal, Übersichtliche Aussteuerungsanzeige uvm. Technische Daten: Eingänge: 3 Phono, 2 CD, 2 Line, 2 Mikro, Ausgänge: Master-/Record-Out, Frequenzbereich: 20–20 000 Hz“.

19 Vgl. Wilke, 2013a.

20 Demnach sei aktuell nicht nur der subjektive Wille zum kreativen Handeln bestimmend, sondern auf einer übergeordneten Ebene stellt ein Zwang zum kreativen Handeln eine konsensuelle Anforderung dar. Dabei lässt sich einerseits ein restriktiver „Prozess gesellschaftlicher Ästhetisierung“ beobachten, andererseits taucht zwangsläufig die Frage nach dem Neuen auf, um über die Differenzwahrnehmung neu/alt auch den Blick auf die Frage nach dem Schöpfer, dem Schöpfungsakt zu lenken (vgl. Reckwitz, 2012).


Weiterführende Links

Weiterführende Informationen:

Literatur:

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  • Kleiner, MS. & Wilke, T. (Hrsg.) (2013). Performativität und Medialität Populärer Kulturen. Cham: Springer International Publishing AG.
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  • Serrano, S. (2015). The Rap Year Book. The most important Rap Songs from every year since 1979, discussed, debated, and deconstructed. New York: Abrams Image.
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  • Wilke, T. (2013a). Put the needle on the record! Zur Performativität und Medialität des Scratchens. In: Kleiner MS., Wilke T. (Hrsg.), Performativität und Medialität Populärer Kulturen. (S. 413–432) Wiesbaden: VS-Verlag.
  • Wilke, T. (2013b). „Hey Deejay, let’s play that song“. Aspekte der Selbstreferenz in der Popmusik. In: Pop-Zeitschrift.de, online unter: www.pop-zeitschrift.de/2013/05/24/hey-deejay-lets-play-that-song-aspekte-der-selbstreferenz-in-der-popmusikvon-thomas-wilke24-5-2013/.
  • Wilke, T. (2014). Vom Platten- zum Datenreiter: Digitalisierung und DJing in populären Kulturen. In: Breitenborn U. & Düllo, T., Gravitationsfeld Popkultur. (S. 61–80) Bielefeld: transcript-verlag.
  • Wilke, T. (2015). Kombiniere! Variiere! Transformiere! Mashups als performative Diskursobjekte in populären Medienkulturen. In: Mundhenke, F., Ramos F., Wilke, T. (Hrsg.), Mashups. Neue Praktiken und Ästhetiken in populären Medienkulturen. (S. 11–44) Wiesbaden: VS.